FETT! -gedruckt

Druckkunst auf Keramik

Mit einem Pinsel oder Malhörnschen können Sie Keramik verzieren. Aber außer bemalen und zeichnen können Sie den Ton jedoch auch bedrucken. Es gibt zahlreiche Drucktechniken für Keramiken. Das Spektrum der grafischen Techniken auf Keramik reicht von Stempeln, Rollstempeln, Monotypen bis hin zu Siebdrucken.

Die neueste Ausstellung im Keramikzentrum Tiendschuur Tegelen hat eine internationale Auswahl renommierter Künstler ins Haus geholt. Sie haben keine Angst, mit den oft komplexen oder umständlichen Techniken zu arbeiten. Sie verzieren ihre Arbeit auf allen möglichen Umwegen und Hindernissen. Ihre beeindruckenden Kunstwerke beweisen, dass sich ein Umweg absolut lohnt.

Die Ausstellung „FETT! -gedruckt“ – Druckkunst auf Keramik ist vom 12. April bis 22. September im Keramiekcentrum Tiendschuur Tegelen zu besichtigen.

Von der Keilschrift bis Stempelfieber

Eine der allerältesten Techniken ist die Drucktechnik auf Keramik. Hierbei werden Gegenstände in den nassen Ton gedruckt. Die Babylonier stempelten so das älteste bekannte Alphabet, die Keilschrift, in ihre ungebackenen Tontafeln.

Ton ist weich, ideal, wenn Sie darin einen Reliefdruck erstellen möchten. Die Möglichkeiten sind ungeahnt, viele Keramiker haben sich im Laufe der Jahrhunderte vom Stempelfieber anstecken lassen. Finger, Zahnräder, Pflanzen, Blätter, Baumrinde, Muscheln, Seil, Spielzeug, antike Metallgegenstände und vieles mehr kann verwendet werden um die Tonoberfläche zu bearbeiten. Darüber hinaus ist es auch ganz einfach, einen Gegenstand aus Ton herzustellen, und nachdem dieser gebacken wurde, ihn als Stempel zu verwenden. Diese Arbeitsweise findet sich bei vielen Keramikern wieder in Form eines schönen Akzents, bei dem die Ohren eines Bechers angesetzt werden. Oder bei den alten Tegeler Töpfern als Dekoration in Relief bei einer Pudding- oder Fleischpasteten Form.

Schätze aus Ton

Die zeitgenössische Künstlerin Kati Jünger (München, 1961) hat die Stempeltechnik umarmt und es ist kennzeichnend für ihr Oeuvre. Sie studierte an der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam und an der Akademie für angewandte Kunst in Wien. Ihre Arbeit ist besät mit (umgekehrten) Stempeln. Die Formen, die sie auf ihrer Arbeit anbringt, sind in der Regel positive Formen, die obenauf liegen oder Hochrelief sind. Sie appliziert Förmchen aus Ton auf ihre Objekte, die sie in allen möglichen Schablonen gedruckt hat. Sie trägt diese Teilstückchen auf dekorative Weise auf wodurch komplexe und faszinierende Strukturen in Hochrelief entstehen. Diese erinnern manchmal auch an die mit Triebwerken, Filigran und Edelsteinen verzierten Schatztruhen und Juwelen, nicht ganz zufällig … ihr Vater war Goldschmied.

Keramisches Kohlepapier

Eine andere Art Keramik zu bedrucken findet sich in der Arbeit von Elke Sada (Dettelbach, DE, 1965). Sie verwendet Monodrucke. Hierbei wird die Arbeit sozusagen indirekt bemalt. Auf einem Blatt Papier oder einer Gipsplatte wird zunächst eine Schilderung mit Tonschlamm, Oxiden und / oder Farbpigmenten erstellt. Dann wird diese Schilderung oder Zeichnung noch nass auf dem Ton gedruckt und so wird die Zeichnung auf das Objekt übertragen. Dies wird als Monotype bezeichnet, Mono weil der Abdruck der Schilderung nur einmal auf den Ton gedruckt werden kann. Type steht für drucken. Es geht auch umgekehrt, ein Blatt Papier oder Kunststoff wird mit einem keramischen Farbstoff eingerieben und dann mit der eingeriebenen Seite auf den zu dekorierenden Gegenstand gelegt. Auf der „sauberen“ Rückseite wird eine Zeichnung mit etwas mehr Kraft erstellt und so wird die Zeichnung auf das Objekt übertragen. Das gleiche Verfahren wie das heutzutage fast verschwundene Kohlepapier.

„Warum Umstände machen, wenn es auch einfach geht?“

Bei der Monotype-Technik stellt sich die Frage: “ Warum Umstände machen, wenn es auch einfach geht“. Das hat bei Keramik zwei Gründe: Erstens ist es oft einfacher die Zeichnung zuerst auf der ebenen Fläche zu erstellen als auf einem räumlichen Objekt, auch kann die Schwerkraft störend wirken und der Tonschlamm kann zu schnell anfangen zu triefen. Zweitens bietet diese Methode die Möglichkeit, die Zeichnung raffinierter zu erstellen. Einen Teil der Schilderung kann abgekratzt oder abgeschabt werden, wodurch bei der Übertragung Tonteilstücke unbedeckt  bleiben. Darüber hinaus sind die Linien anders als wenn sie direkt auf dem Objekt gezeichnet werden, manchmal etwas „wolliger“, etwas weicher.

Elke Sada und Martin Möhwald (DE) bringen die Monotypen auf flache Tonplatten an und bauen danach ihre Arbeit auf mit den bedruckten Platten. Dies ist an den Nähten zu sehen, wo die Zeichnung abrupt aufhört. Möhwald geht sogar noch einen Schritt weiter, er zerreißt die Drucke in Stückchen und baut daraus seine Formen. Dadurch entstehen Texte und Abbildungen, mit darin Rissen. Dies hat einen besonderen Effekt, die rissigen Darstellungen erinnern an Wandgemälde oder Vasen aus dem klassischen Altertum.

Zwei andere Aussteller, die ebenfalls mit Monotypen arbeiten sind: Petra Bittl (DE) und Vicky Shaw (GB). Die Arbeit von Elke Sada: expressiv und überschwänglich ist der Gegenteil der beherrschten ausgeglichenen und besinnlichen Arbeit von Vicky Shaw.

Die Möglichkeiten des Siebdruckens sind endlos

Vicky Shaw arbeitet neben Monodrucken auch mit Siebdrucken. Der Vorteil von Siebdrucken ist die Möglichkeit, fotografische Darstellungen zu verwenden. Diese werden mit keramischen Farbpigmenten auf einem ‚Transfer‘-Papierträger gedruckt. Dieses wird anschließend auf den glatten, bereits gebackenen und glasierten Gegenstand geklebt und während eines dritten Brennvorgangs brennt diese Darstellung in die Keramikhaut. Die Möglichkeiten sind endlos, die fotografischen Darstellungen, aber auch die Wiederholung, die Übertragungen, die leicht die Form der räumlichen Keramikobjekte annehmen. Der Aussteller Paul Scott (GB) ist ein Meister in der Anwendung von Siebdrucken und unterrichtet und schrieb Bücher über die Anwendung.

Von der kuscheligen Tapete zu Avatar-artigen Computerpatronen

Ane-Katrine von Bülow (DK) erstellt mit Hilfe der Siebdrucktechnik wunderschöne, straffe geometrische Patronen, die sie als ein Netz über ihre fragilen Porzellanschalen legt. Kris Campo (BE) spielt mit allerlei dekorativen Motivchen und bringt sie als Pappmaché-Werk auf ihre meist straffen geometrischen Objekte an. Auch bei Kordula Kuppe (DE) ist der Siebdruck in Form einer kuscheligen Tapete  in ihrer Arbeit wiederzufinden. Maria Geszler-Garzuly (HU), Manita Kieft (NL) und Nicole Thoss (DE) wählen für die fotografische Reproduktion. Geszler-Garzuly gibt ihre Figuren Gesichter, Thoss macht Darstellungen, die an Zeitungen oder alte Ansichtskarten erinnern, und Kieft schafft eine surrealistische Atmosphäre, in der die Fotos nicht auf den Formen passen auf die sie gelegt sind und runtergleiten. Steve Royston Brown (GB) zum Schluss erstellt die Entwürfe für seine Drucke auf dem Computer. Nach dem Siebdruck scheinen diese bunten, entfalteten Bauplatten genau auf sein straffes Geschirr und räumlich-futuristischen, Avatar-artigen Objekte zu passen.


Eröffnung der Ausstellung

Die Eröffnung der Ausstellung findet am Freitag, 12. April um 16:00 Uhr statt und wird unter anderem von Kuratorin Sacha Odenhoven vorgestellt.

Teilnehmende Künstler sind: Petra Bittl (DE); Kris Campo (BE); Maria Geszler-Garzuly (HU); Kati Jünger (DE); Manita Kieft (NL); Kordula Kuppe (DE); Martin Möhwald (DE); Steve Royston Brown (GB); Elke Sada (DE); Paul Scott (GB); Vicky Shaw (GB); Nicole Thoss (DE); Ane-Katrine von Bülow (DK).

An folgenden Terminen sind Künstler persönlich anwesend: 

  • 13. April, 11:00 Uhr: Vicky Shaw, demonstriert ihre Techniken und erzählt über ihre Arbeit.
  • 13. April, 14:00 Uhr: Maria Geszler-Garzuly demonstriert ihre Techniken und erzählt über ihre Arbeit.
  • 10. und 11. April: Maria Gezler-Garzuly gibt anlässlich dieser Ausstellung einen Workshop zu Drucktechniken auf Keramik.
  • 25. May: Netty Janssens gibt anlässlich dieser Ausstellung einen Workshop zu Drucktechniken auf Keramik.