Liebe Leiden Lust

Passion in Keramik

24. September 2021 bis 16. Januar 2022

Jetzt ist im Keramikzentrum Tiendschuur Tegelen eine neue und spannende Ausstellung zu sehen. Diese Ausstellung entspricht einem Bedürfnis das viele seit Corona haben, dem Hunger nach Haut, Kuscheln, Körperkontakt. Es gehört schon etwas Mut dazu, sich das anzuschauen, aber es hat einen Vorteil: Man kann es anonym besuchen, denn nach der Lockerung der Corona-Maßnahmen ist es nicht mehr erforderlich, sich anzumelden oder zu reservieren. Besucher können also unbesorgt kommen und sich diskret von dieser Ausstellung verführen lassen, in der es um Liebe, Leiden und Lust geht. Zu sehen bis einschließlich 16. Januar 2022.

Die neue Ausstellung in der Tiendschuur zeigt Passion von allen Seiten. Schmerz, Wut, Angst, Unsicherheit, Hoffnung, Träume, Verlangen, Liebe, Leiden und Lust. Beziehungsweise: Kummer und Sorge in Keramik. Spannende Skulpturen mit noch spannenderen Geschichten. Von der Passionsgeschichte über die antike Mythologie bis hin zu 50 Grautönen. Diese Ausstellung beschert dem Besucher Gänsehaut, krumme Zehen, Schamesröte, ein Lächeln und eine Träne. Die Keramikskulpturen in dieser Ausstellung stammen von Künstlern aus dem In- und Ausland. Trotz ihrer unterschiedlichen Ursprünge und Hintergründe sind sie in ihrem Ziel vereint, unsere universellen Emotionen in Skulpturen festzuhalten.

Obwohl es bei allen Skulpturen um Emotionen geht, ist die Formenvielfalt der Kunstwerke enorm. Die Figuren des 'Covergirls' Janneke Bruines (NL) zum Beispiel sind gelenkige Damen in aufregenden Stellungen. Ihre Figuren sind lediglich mit dekorativen Glasurmustern „gekleidet“. Doch hinter dieser verführerischen Fassade verbirgt sich eine Geschichte, die von Trauer und Verlust handelt. Die Skulptur "Mundtot" zum Beispiel handelt von der Unterdrückung von Frauen und der freien Meinungsäußerung.

Auch die Arbeit von Reinhilde van Grieken (BE) wirkt auf den ersten Blick wie Glitzer und Glamour. Aber auch bei ihr trügt der Schein. Hinter der Haustür passieren unheimliche Dinge. Ihre Figuren beziehen sich auf Kindesmissbrauch in der Kirche und auf ihre Kindheitstraumata. Die Arbeiten von Horacio Venturin (BR) aus Brasilien haben ein hohes Maß an Kuschelinhalt. Die schönen weich hügeligen Formen entstehen alle aus einem Loch, durch das er die Welt betrachtet. Doch auch hier verbirgt sich hinter der angenehmen Glätte mehr. Die Öffnungen verweisen auf das Loch in der Wand, durch das er als kleiner Junge seinen alkoholkranken Vater toben sah.

Am sinnlichsten sind die Skulpturen von Wayne Fischer (USA), der in Frankreich lebt. Seine fleischlichen Skulpturen sind verführerisch und einladend weich. Gleichzeitig wecken die Figuren Assoziationen, die Schamesröte auf den Kiefern verursacht. Darum geht es ihm. Die Entstehung neuen Lebens von der Erzeugung bis zur Geburt ist das zentrale Thema seiner Arbeit.

Erotik und Körperlichkeit finden sich auch in den Arbeiten von teja van hoften (NE) und Marieke Pauwels (BE). van hoften zeigt seidenweiche stilisierte „geheime Fleckchen“ und eigenwillig flatternde Hormone oder Eierstöcke. Marieke Pauwels stellt eine Reihe wunderschöner Muscheln aus. Diese öffnen sich einladend und zeigen den Besuchern ihr üppiges und warmes Inneres. Aber ihre Figuren gehen noch viel weiter. Sie verweisen auf die Weiblichkeit, die Menstruation, die Befruchtung, gebären von Kindern und die Verehrung von Fruchtbarkeit, Reife und Verwundbarkeit, befallen durch Krankheit oder Alter. In ihrer Arbeit 'Cabernet Sauvignon' kommen diese Themen sehr gut zusammen.

Marie-Josée Comello (NL) ist eine ehemalige Studentin von Marieke Pauwels. Wie ihre Lehrerin macht sie Installationen, in denen die verschiedenen Elemente zusammen eine neue Bedeutung bekommen. Es sind zwei beeindruckende Installationen von ihr zu sehen. Zunächst angenehm dekorativ und ästhetisch ansprechend. Doch bei näherer Betrachtung bröckelt die Schönheit und es treten Unregelmäßigkeiten auf. Neben schönen glatten Formen scheint es auch Elemente zu enthalten, die an Knochen, Gebeine oder Organe erinnern.

Die gleiche Schichtung findet sich in der Arbeit der in Arnhem lebenden Sylvia Evers (DE). Auf den ersten Blick sind es schöne, bescheidene Skulpturen, die an Marmorskulpturen aus der klassischen Antike erinnern. Doch dahinter verbirgt sich keine Geschichte von mythologischen Helden, sondern von Verletzlichkeit, von Menschen, die mit ihrer Existenz kämpfen. Dieselbe Verletzlichkeit und Kämpfe finden sich im Werk der Düsseldorfer Künstlerin Nele Waldert (DE). Ihre Figuren tragen manchmal buchstäblich die Last des Daseins auf ihren Schultern. Ein anderes Bild besingt das Leben in Form einer Ode an Botticellis "Geburt der Venus", ein berühmtes Gemälde der Liebesgöttin.

Die Liebe wird auch in den Skulpturen von Elsa Alayse (FR), die in Brest lebt, besungen. Liebe zu Mutter und Kind, zu Gott oder Heiligen, aber auch Liebe, die zerbröckelt. Letzteres stellt sie dar, indem sie quer unter der Decke liegende Figuren mit dem Titel „Ehescheidung“ zeigt. Konfrontierend und sehr aktuell sind auch ihre Mutter-Kind-Figuren vollgepackt mit all ihrem Hab und Gut. Sie verweisen nach Armut, Obdachlosen und Flüchtlingen.

Neben heftigen Themen und erotischer Erregung ist auch Raum für Humor. Lachen macht alles leichter. Das Werk des belgischen Künstlers und Designers Hugo Meert (BE) ist spielerisch und stellt den Betrachter auf den falschen Fuß. Er widersetzt sich der Funktionalität und spielt in seiner Arbeit mit Sinn und Unsinn. So gibt es zum Beispiel eine Teekanne mit einem dicken Mittelfinger als Ausguss und gleichzeitig einer versöhnlichen Hand als Griff. Schließlich sind da noch die zahllosen Porträts des schwedischen Künstlers Johan Thunell (SE). Er kann menschliche Emotionen in Ton einfangen wie kein anderer. Es gibt eine bunte Sammlung mit Gesichtern, die zum Beispiel schmollen, schmunzeln, wütend, überrascht oder in Ekstase sind. Hier hängt eine enorme Bandbreite an Emotionen an der Wand und genau das entfesselt diese Ausstellung beim Betrachter. „Liebe, Leiden, Lust“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die noch lange nachzittern wird. Die Ausstellung ist bis einschließlich 16. Januar zu sehen.

An unten genannten Terminen sind Künstler persönlich anwesend um ihre Arbeit zu erläutern:
24-10, Nele Waldert, 14:00 Uhr
7-11, Janneke Bruines, 14:00 Uhr
16-1, teja van hoften, 14:00 Uhr
Bitte buchen Sie im Voraus über unsere Website; https://tiendschuur.net/exposanten-presenteren/

Teilnehmende Keramiker

Elsa Alayse (FA), Janneke Bruines (NL), Marie-Josée Comello (BE), Sylvia Evers (DE/NL), Wayne Fisher (FA/VS), Rheinhilde van Grieken(BE), Louise Hindsgavl (DK), Teja van Hoften (NE), Hugo Meert (BE), Marieke Pauwels (BE), Johan Thunell (SE), Horacio Venturin (BR/ NE) und Nele Waldert (DE).